Social Media – für welche Inhalte kann man haften?

Gleichwohl heutzutage nahezu jeder in den sozialen Medien unterwegs ist und dort Beiträge teilt und/ oder Meinungen postet, birgt diese Nutzung rechtlich gesehen mehrere Gefahren.

Durch ein vorschnelles „Like“ von Kommentaren oder ein Klick auf „Teilen“ kann unter Umständen schon eine Rechtsverletzung vorliegen bzw. dieser zugestimmt werden.  Wie man sich rechtlich sicher in den sozialen Medien bewegt und eine Haftung eigener sowie fremder Inhalte vermeidet, erfahren Sie hier.

Inhaltsverzeichnis

Haftung für eigene Inhalte

Für Rechtsverletzungen – ganz gleich, ob durch Äußerungen oder eine unbefugte Verwendung von Bildern anderer – sind grundsätzlich die Social-Media-Nutzer selbst verantwortlich und haften hier auch nach den allgemeinen Vorschriften. Damit kann man grundsätzlich für alle rechtswidrigen, fremden Beiträge haften, die ohne eine solche Kennzeichnung auf dem eigenen Profil hochgeladen werden. Grund hierfür ist, dass man diese durch das Hochladen (auch, wenn man die Inhalte nicht selbst „erstellt“ hat) in seinen Verantwortungsbereich aufnimmt.

Äußerungen Dritter – Haftung für das zu Eigen machen

Eine Haftung wie für eigene Inhalte kann in den Sozialen Medien auch durch das Teilen, Liken und Kommentieren fremder Inhalte vorliegen, indem man sich die fremden Inhalte „zu Eigen macht“. Ob eine Zueigenmachung vorliegt, ist anhand einer Gesamtbetrachtung aller relevanten Umstände im Einzelfall zu beurteilen.

Das bloße Teilen eines Beitrags in den sozialen Medien ist an sich ein technischer Vorgang, welcher sich in einer reinen Weiterleitung erschöpft und für sich genommen noch keinen eigenen Aussagegehalt hat. Hier kann also noch nicht von einem Zueigenmachen die Rede sein, welche unter Umständen eine Verantwortung für Rechtsverletzungen begründen kann. Anders sieht dies jedoch aus, wenn der geteilte Beitrag mit einem unterstützenden Kommentar versehen wird. Diese Identifizierung mit dem Gedankengang bzw. den Einstellungen eines anderen kann als Zueigenmachen des fremden Beitrags gewertet werden.

Wann genau diese Grenze von der bloßen Weiterleitung (ggf. eine reine Leseempfehlung) zur Identifizierung überschritten ist, muss im Einzelfall geprüft werden. Als Zueigenmachen von rechtsverletzenden Äußerungen haben allerdings schon mehrere Gerichte das bloße Betätigen des „Gefällt mir“-Buttons beurteilt.

Weiterlesen:

Strafbarkeit durch teilen, liken oder kommentieren von Social Media Beiträgen

👉 Hier finden Sie unseren entsprechenden Artikel.

Die Haftung für Betreiber als sog. Störer

Für fremde, rechtsverletzende Inhalte kann jedoch auch eine Haftung des Betreibers der jeweiligen Social-Media-Plattform (bspw. Google oder Meta) als sog. Störer in Betracht kommen. Dies ergibt sich aus den zivilrechtlichen Normen, insbesondere § 1004 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) analog bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen und aus dem Urheberrecht. Der Betreiber eines Social Media Profils kann aber meist nicht auf Anhieb erkennen, ob beispielsweise auf seiner Seite gepostete Bilder oder Bewertungen die Rechte Dritter verletzen. Auch kann ihm grundsätzlich nicht zugemutet werden, dies stets zu überprüfen und zu überwachen. Aus diesem Grund besteht hier eine Haftungserleichterung in § 10 S. 1 Telemediengesetz (TMG). Demnach kommt eine Haftung erst ab dem Zeitpunkt in Betracht, in dem man Kenntnis erlangt hat. In diesem Zusammenhang hat sich das aus dem US-Recht stammende „notice-and-takedown-Verfahren“ bewährt, wonach der Betreiber zunächst einmal über die Rechtsverletzung informiert wird (entweder durch den Rechteinhaber selbst oder dessen anwaltliche Vertretung), um diese sodann zu beseitigen. Die Kenntnis von dem Beitrag allein reicht hier jedoch noch nicht aus, denn diese bedeutet nicht automatisch eine Kenntnis der Rechtswidrigkeit des Beitrags; nach der Rechtsprechung des BGH müsse der Hinweis dabei so konkret gefasst sein, dass der Rechtsverstoß auf der Grundlage der Behauptungen des Betroffenen unschwer – das heißt ohne eingehende rechtliche und tatsächliche Überprüfung – bejaht werden könne.

Die Haftung für Links, Embedding und Framing

Für den Betreiber einer Social-Media-Plattform kann darüber hinaus auch eine Haftung für die Verbreitung rechtsverletzender Links in Frage kommen. Unter einem Link ist zum einen der klassische Hyperlink zu verstehen, welcher den Sprung zu einer anderen Seite ermöglicht. Zum anderen versteht man darunter auch die sogenannten „Surface Links“ auf die Startseite von Websites sowie „Deep Links“ auf bestimmte Unterseiten. Ebenfalls erfasst sind die Unterfälle des Linkings, das „Embedding“, das „Framing“ und das Teilen in den sozialen Medien. Diese Techniken haben eine elektronische Verknüpfung verlinkter und verlinkender Seite gemeinsam – eine verlinkte Datei, die im Nachhinein wieder gelöscht wird, ist somit auch auf der verlinkenden Seite nicht mehr abrufbar.

Das Framing und das Embedding haben gemeinsam, dass die fremden Inhalte so in die eigene Präsenz eingebunden werden, dass sie bereits auf der eigenen Seite abgespielt werden können, ohne, dass man hierfür auf die Seite des Dritten weitergeleitet werden muss. Eine Verknüpfung erfolgt auch in dieser Konstellation durch entsprechende Links. Beim Framing wird die Website in verschiedene Fenster unterteilt, in denen verschiedene Seiten unmittelbar angezeigt werden, wohingegen beim Embedding einzelne Inhalte ohne eine solche Unterteilung direkt in das eigene Angebot integriert werden.

Da es in den Sozialen Medien jedoch der Normalfall ist, dass sich die Verweise zu bestimmten Seiten überlappen oder bestimmte Inhalte ineinander eingebettet werden, gibt es rechtlich keinen großen Unterschied.

Das Verlinken (sowohl Surface Links wie auch Deep Links) auf rechtmäßige Inhalte ist grundsätzlich legal, denn der verlinkte Inhalt wird bei keiner der Formen der Verlinkung kopiert und damit auch nicht im urheberrechtlichen Sinne vervielfältigt.

Dies gilt inzwischen auch offiziell für das Framing und für das Embedding, obwohl die Rechtslage hier schon etwas komplizierter und lange umstritten war. Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn der Betreiber der jeweiligen Seite Schutzmaßnahmen gegen Verlinkungen getroffen hat und diese umgangen wurden. Differenzierter ist aber die Rechtslage beim Verlinken auf rechtswidrige Inhalte; hier können Videos, Fotos oder Texte entweder Bild- bzw. Urheberrechte verletzen oder aber inhaltlich rechtswidrig sein, z.B. durch diffamierende Äußerungen. 

Urheberrechtsverletzungen

Das Urheberrechtsgesetz (UrhG) schützt vor allem „Werke“, d. h. persönliche geistige Schöpfungen. Hierzu gehören z. B. Sprach- und Musikwerke. Der Urheber hat als Rechtsinhaber das ausschließliche (alleinige) Recht, sein Werk in körperlicher Form zu verwerten. Er kann aber Dritten die Nutzung seines Werkes einräumen.

Urheberrechte werden im Internet häufig wie folgt verletzt:

  • unerlaubte Nutzung von Fotos oder Bildern;
  • unerlaubte Nutzung von Texten oder Aussagen ohne Hinweis auf das Vorliegen eines Zitats;
  • unerlaubte Hinterlegung von eigenen Inhalten mit vorbestehenden Musiken;
  • unerlaubtes Training von KI-Anwendungen mit urheberrechtlich geschützten Werken.

Bei Verlinkungen auf urheberrechtsverletzende Inhalte haftet nach Ansicht des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) der Verlinkende zunächst dann, wenn er die Rechtswidrigkeit kannte oder kennen musste. Letzteres sei regelmäßig der Fall, wenn der Link mit Gewinnerzielungsabsicht gesetzt wurde und der Verlinkende vorher nicht geprüft habe, ob das verlinkte Werk rechtmäßig online war oder nicht.

Letztlich muss in einer Gesamtschau aller relevanter Kriterien im Einzelfall geprüft werden, ob eine Nachforschungspflicht zumutbar ist oder nicht. Solche Kriterien sind z.B.: 

  • die Erfolgsaussichten einer solchen Prüfung 
  • eine Zueigenmachung des Links
  • wurde ein besonderer Vertrauenstatbestand gesetzt? (konnten die Besucher seiner Seite die Rechtmäßigkeit der verlinkten Wiedergaben erwarten?)
  • ob die Quelle besonders gefahrengeneigt war
  • die Möglichkeit von Prüfungsmechanismen
  • der Nutzen/ Mehrwert für die Allgemeinheit
  • bestehen eines Auskunftsanspruchs

Für Privatpersonen hingegen gilt: Sie haften nur, wenn sie positive Kenntnis von der Urheberrechtsverletzung hatten – beispielsweise nachdem sie explizit auf diese hingewiesen wurden. Außerdem kommt eine Haftung in Betracht, wenn man die Rechtsverletzung hätte erkennen müssen, weil diese aus objektiver Sicht dermaßen offensichtlich war.

Weiterlesen:

Abmahnung Image Law für Reuters oder AFP

Rechtsverletzende Äußerungen

Das allgemeine Persönlichkeitsrecht ist ein durch Artikel 1 Absatz 1 und Artikel 2 Absatz 1 Grund­gesetz (GG) verfassungsmäßig garantiertes Grundrecht und zugleich zivilrechtlich nach § 823 Bürger­liches Gesetzbuch (BGB) geschützt. Neben der Menschenwürde und der freien Entfaltung der Persönlichkeit schützt das allgemeine Persönlichkeitsrecht (APR) auch das Recht auf Selbstdarstellung, das heißt das Recht selbst zu entscheiden, ob und in welchem Umfang persönliche Lebensumstände öffentlich gemacht werden. Dies um­fasst wiederum das Recht am eigenen Bild, am eigenen Wort und an der eigenen Stimme.

Zu den typischen Verletzungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts durch Online-Inhalte gehören insbeson­dere die folgenden:

  • Verbreitung unwahrer Tatsachen;
  • Beleidigungen und Shitstorms;
  • unberechtigte Nutzung von Bild-, Video- oder Audioaufnahmen;
  • unberechtigte Verbreitung der von einem Dritten gesprochenen, geschriebenen oder auf sonstige Weise geäußerten Worte
  • und seit dem Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI), auch sogenannte Deepfakes in Form der Nachahmung von Bildnissen oder Stimmen berühmter Personen, Unternehmern, Influencern etc.

Schließlich schützt das sog. Unternehmenspersönlichkeitsrecht den sozialen Geltungs- und Achtungsbereich eines Unternehmens.

Auf rechtsverletzende Aussagen wie etwa falsche Tatsachenbehauptungen sind die o. g. Grundsätze der Rechtsprechung hingegen nicht übertragbar. Hier kommt es weiterhin auf eine Zueigenmachung der konkreten Inhalte an.

Wurde man auf die Rechtswidrigkeit eines verlinkten Inhalts aufmerksam gemacht und löscht die Links dennoch nicht, so kommt immer noch eine Störerhaftung in Betracht. Denn ab diesem Zeitpunkt hat man Kenntnis. Nach Hinweis auf die Rechtswidrigkeit sollte man solche Links daher spätestens löschen. 

Weiterlesen:

Persönlichkeitsrecht Überblick

👉 Hier finden Sie unseren entsprechenden Artikel.

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Rechtsanwalt Dr. Severin Riemenschneider, LL.M. Eur. gründete die Media Kanzlei Frankfurt | Hamburg im Jahr 2014. Er ist seit 2016 Fachanwalt für Medien- und Urheberrecht.
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