Erfolg für Mandantin: Media Kanzlei setzt Verbraucherwiderrufsrecht gegen Online-Coach durch"
Das Amtsgericht Mitte entschied zugunsten unserer Mandantin, dass diese einen Vertrag über die Erbringung von Online-Businesscoaching-Leistungen wirksam widerrufen hatte. Zuvor bestanden unterschiedliche Auffassungen darüber, ob diese den Vertrag als Verbraucherin oder als Unternehmerin abgeschlossen hat.
Businesscoaching-Verträge: Ab wann handelt man als Unternehmer?
Unsere Mandantin buchte Ende August 2023 ein Online-Coaching, welches den Auf- und Ausbau einer gewerblichen Tätigkeit mit einem Fokus auf Kundengenerierung zum Gegenstand hatte. Dieses bestand aus Videoeinheiten, die online abrufbar waren, sowie Social-Media-Gruppen, in denen Fragen gestellt werden konnten. Zudem war eine Teilnahme an Gruppen-Live-Calls möglich.
Für das Widerrufsrecht nach § 312g Abs. 1 BGB müsste es sich bei dem Online-Coach um einen Unternehmer und bei unserer Mandantin um eine Verbraucherin handeln gemäß §§ 312g Abs. 1, 13 BGB. Sofern diese bereits als Unternehmerin i. S. d. § 14 BGB zu qualifizieren wäre, würde ihr das geltend gemachte Widerrufsrecht nicht zustehen.
Nach einem Urteil des Bundesgerichtshofes vom 30. September 2009 (VIII ZR 7/09 ) ist das rechtsgeschäftliche Handeln einer natürlichen Person grundsätzlich als Verbraucherhandeln anzusehen, wobei verbleibende Zweifel nicht zu Lasten des Verbrauchers gehen sollen. Anders ist dies nur dann, wenn Umstände vorliegen, nach denen das Handeln aus Sicht des anderen Teils eindeutig und zweifelsfrei einer gewerblichen und selbstständigen beruflichen Tätigkeit zuzurechnen ist.
Unternehmerhandeln liegt folglich dann vor, wenn Geschäfte wie ein Businesscoaching im Zuge der Aufnahme einer gewerblichen oder selbstständigen beruflichen Tätigkeit (sogenannte Existenzgründung) geschlossen werden.
Vorbereitung einer Entscheidung über eine Unternehmensgründung als Verbraucherhandeln
Entscheidend für das unternehmerische Handeln ist die objektiv zu bestimmende Zweckrichtung des Verhaltens; dies sind solche Rechtsgeschäfte, welche klar einem Handeln in Unternehmereigenschaft zuzuweisen sind, beispielsweise die Miete von Geschäftsräumen, der Abschluss eines Franchisevertrags oder der Kauf des Anteils an einer freiberuflichen Gemeinschaftspraxis (BGH, Urteil vom 15. November 2007).
Hiervon abzugrenzen sind jedoch nach höchstrichterlicher Rechtsprechung Rechtsgeschäfte, die eine Entscheidung über eine Existenzgründung etwa durch Vermittlung von Wissen vorbereiten sollen. So lag der Fall jedoch bei unserer Mandantin, welche das Coaching als Wissensvermittlung zur Entscheidungsfindung über eine neue berufliche Orientierung nutzen wollte.
Damit war das Businesscoaching keine Vorbereitung einer Existenzgründung, sondern vielmehr die Vorbereitung einer Entscheidung darüber, ob überhaupt eine selbstständige Tätigkeit aufgenommen werden soll. Diese kann noch nicht als unternehmerisches Handeln qualifiziert werden, sondern handelte unsere Mandantin hier weiterhin als Verbraucherin.
Nach Ansicht des Gerichts kann der Kunde bzw. die Kundin eines Businesscoaching zudem nicht in der Erwartung einen Vertrag schließen, hierdurch eine konkrete Anleitung für eine Existenzgründung zu erhalten, sondern allenfalls eine allgemeine Übersicht im Bereich der selbstständigen Tätigkeit.
Widerrufsfrist aufgrund fehlerhafter Belehrung noch nicht abgelaufen
Zudem war die zweiwöchige Frist für den Widerruf unserer Mandantin noch nicht abgelaufen, da die Belehrung über den Widerruf fehlerhaft war nach § 356 Abs. 3 S. 1 BGB. Der mit der Widerrufsbelehrung bezweckte Schutz fordert nach höchstrichterlicher Rechtsprechung eine möglichst umfassende, unmissverständliche und aus dem Verständnis der Verbraucher eindeutige Belehrung (BGH, Urteil vom 1. Dezember 2022 – I ZR 28/22). Sofern dies nicht gegeben ist, liegt eine fehlerhafte Belehrung vor mit der Folge, dass die Frist erst innerhalb eines Jahres und zwei Wochen abläuft.
Weiter ist das Widerrufsrecht nicht nach § 356 Abs. 5 Nr. 2 BGB erloschen, da der Businesscoaching-Vertrag nicht einzig die Bereitstellung von digitalen Inhalten zum Gegenstand hat. Die heruntergeladenen Videos stellen zwar digitale Inhalte dar- sowohl die Social-Media-Gruppen zur Beantwortung von Fragen, als auch die angebotenen Gruppen-Live-Calls beinhalten nach Ansicht des Gerichts keine Bereitstellung von Inhalten, sondern dem Vertrag über ein „Coaching“ typische Dienstleistungen von sozialen Interaktionen.
Rechtsfolge des wirksamen Widerrufs: Rückzahlungsanspruch unserer Mandantin
Aufgrund des wirksamen Vertragswiderrufs steht unserer Mandantin ein Rückzahlungsanspruch aus §§ 357, 355 Abs. 3 Satz 1, Abs. 1, 2, 312g, 356 Abs. 3 BGB zu; demnach sind die empfangenen Leistungen gemäß § 357 Abs. 1, 2 BGB zurückzugewähren.
Rechtsfolge des wirksamen Widerrufs: Rückzahlungsanspruch unserer Mandantin
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