Anwendbarkeit des FernUSG auch für Unternehmen

Erfolgsgeschichte

Erfolg vor LG Cottbus: Anwendbarkeit des FernUSG auch für Unternehmen

Das Fernunterrichtsschutzgesetz (FernUSG) ist ein Gesetz zum Schutz von Teilnehmern an Fernlehrgängen. Es soll sicherstellen, dass Anbieter von Fernunterricht bestimmte Qualitätsstandards einhalten und staatlich zugelassen sind. Der Hauptzweck liegt darin, Bildungswillige vor unseriösen oder minderwertigen Fernkursen zu schützen, da man die Qualität eines Fernlehrgangs auf Distanz schwerer einschätzen kann als in Präsenz. In der Praxis- so auch im hiesigen Fall- stellt sich oft die Frage, ob das FernUSG nur Verbraucher oder auch Unternehmer schützt. Im Folgenden erklären wir, weshalb das FernUSG auch auf Unternehmer anwendbar ist. In einem Urteil vom Landgericht Cottbus wurde entschieden, dass das FernUSG auch auf Unternehmer anwendbar ist. Die Beklagte (Speed and Space Mentoring GmbH) betreibt ein Coaching in welcher sie Aurachirugie vermitteln möchte, und verlangt dafür viel Geld. Die Klägerin wollte sich von dem Vertrag lösen und man siehe… es ist ihr gelungen!

Anwendungsbereich des FernUSG

a) Wortlaut des Gesetzes (§ 1 Abs. 1 FernUSG)

Nach § 1 Abs. 1 FernUSG liegt ein Fernunterrichtsvertrag vor, wenn:

  1. Kenntnisse oder Fähigkeiten gegen Entgelt vermittelt werden
  2. Lehrende und Lernende räumlich getrennt sind
  3. Eine Lernerfolgskontrolle durch den Lehrenden erfolgt

Beachte hier bereits, dass das Gesetzt bereits hier nicht konkret von Verbrauchern oder Unternehmern spricht und damit den Anwendungsbereich offenlässt.

b) Keine Einschränkung auf Verbraucher

Das OLG Celle (Urteil vom 24.09.2024, Az. 13 U 20/24) hat ausdrücklich entschieden, dass das FernUSG nicht nur für Verbraucher gilt. In seiner Entscheidung stellt das Gericht klar:

  • Das Gesetz selbst enthält keine Einschränkung auf Verbraucher
  • Eine teleologische Auslegung ergibt keine gegenteilige Interpretation
  • Der Gesetzgeber wollte keinen Ausschluss von Unternehmern vornehmen

Dies wurde ebenfalls durch das LG Osnabrück (20.11.2024, Az. 9 O 2075/24) und das AG München (25.09.2024, Az.: 242 C 20761/24) bestätigt. In beiden Urteilen wurde argumentiert, dass der Bezug auf den Verbraucherschutz in der Gesetzesbegründung nicht bedeutet, dass nur Verbraucher erfasst sein sollen.

c) Gesetzgebungsgeschichte stützt die weite Auslegung

Auch die historische Gesetzgebung spricht für die Anwendung des FernUSG auf Unternehmer. In der Bundestagsdrucksache 14/343 aus dem Jahr 1999 wird ausdrücklich erwähnt, dass nicht nur Verbraucher, sondern auch andere Teilnehmer (z. B. Unternehmer) geschützt werden sollen.

Bestätigend ist auch, dass das Fehlen einer gesetzlichen Klarstellung trotz mehrfacher Änderungen des FernUSG der Anwendungsbereich nicht künstlich eingeschränkt werden soll.

Weiterlesen:

Anwendung des FernUSG Online Coaching

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Das Merkmal der „räumlichen Trennung“

Ein zentrales Kriterium für Fernunterricht ist die „räumliche Trennung“ von Lehrendem und Lernendem.

Eine räumliche Trennung i.S.v. § 1 Abs. 1 FernUSG liegt auch bei einem Online-Unterricht vor, auch wenn eine synchrone Kommunikation zwischen Lehrenden und Lernenden möglich ist.“

In der heutigen Praxis bedeutet Fernunterricht oft Online-Unterricht, etwa via Webinar, Lernvideos oder Live-Calls (Videotelefonie). Manche Anbieter argumentierten, bei Live-Video-Calls liege keine räumliche Trennung mehr vor, da man sich „in Echtzeit“ sieht. Die herrschende Meinung in der Rechtsprechung widerspricht dem deutlich: Auch synchrone Online-Kommunikation ändert nichts an der körperlichen Distanz zwischen Coach und Teilnehmer. OLG Stuttgart (Urteil vom 29.08.2024, Az.: 13 U 176/23) hat ausdrücklich entschieden, dass selbst gemeinsame Videokonferenzen als Unterricht den Fernunterricht-Charakter nicht aufheben. Die Möglichkeit einer Live-Kommunikation ändere nichts am klaren Wortlaut des Gesetzes. Entscheidend sei, dass die Beteiligten sich nicht am selben Ort befinden. Der Schutzzweck des Gesetzes gebietet eine weite Auslegung: Gerade online besteht eher die Gefahr zweifelhafter Anbieter, da diese keinen physischen Standort vorhalten müssen. Deshalb gibt es keinen Anlass, Videounterricht vom FernUSG auszunehmen.

Das Merkmal „Lernerfolgskontrolle“

Neben der räumlichen Trennung verlangt § 1 Abs. 1 FernUSG, dass der Lehrende oder ein Beauftragter den Lernerfolg des Lernenden überwacht. Dieses Merkmal soll sicherstellen, dass ein Fernkurs didaktisch begleitet wird – etwa durch Übungen, Prüfungen oder individuelle Rückmeldungen. Es grenzt Fernunterricht von reinem Selbstlern-Material ab.

Aber was genau zählt als „Lernerfolgskontrolle“?

Das OLG Köln hat in seinem Urteil vom 06.12.2023 – 2 U 24/23  erklärt, wann denn eine Überwachung des Lernerfolgs nicht vorliegt. Danach wäre es zu verneinen, wenn:

  • im Vertrag eine Lernerfolgskontrolle wie Prüfungsaufgaben oder ähnliche Gelegenheiten, um sich über den Lernerfolg zurückzuversichern
  • das Programm auch nicht als Lehrgang, Studium oder in ähnlicher Weise bezeichnet ist
  • kein Abschluss erworben werden kann.

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Online Coaching

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Fazit

Zusammenfassend zeigt sich, dass das Fernunterrichtsschutzgesetz in der Regel auch auf Online-Coachings und Fernlehrgänge anwendbar ist, die von Unternehmern gebucht werden. Weder der Gesetzeswortlaut noch der Schutzzweck beschränken den Anwendungsbereich auf Verbraucher. Die überwiegende gerichtliche Rechtsprechung – von Landgerichten und Oberlandesgerichten – bestätigt, dass Existenzgründer, Selbständige und andere beruflich Lernende vom FernUSG geschützt sind. Insbesondere sorgen die Kriterien der räumlichen Trennung und Lernerfolgskontrolle dafür, dass moderne Online-Kurse erfasst werden.

In solchen Fällen müssen Anbieter eine behördliche Zulassung einholen (§ 12 FernUSG) und die gesetzlichen Informations- und Vertragsanforderungen einhalten – sonst ist der Vertrag nichtig und der Kunde nicht zur Zahlung verpflichtet.

Für Teilnehmer an Online-Kursen ist die Entwicklung erfreulich. Sie können sich – dank FernUSG und Gerichtsurteilen – auch dann auf Verbraucherschutz-ähnliche Rechte berufen, wenn sie den Kurs zur beruflichen Weiterbildung gebucht haben. Im Streitfall lässt sich mit Verweis auf das FernUSG schlagkräftig argumentieren, dass der Vertrag unwirksam ist und bereits gezahltes Geld zurückverlangt werden kann. Insgesamt trägt die Anwendung des FernUSG auf immer mehr Coaching-Verträge dazu bei, die Qualität im Weiterbildungsmarkt zu sichern und unseriöse Anbieter abzuschrecken. Verbraucher und Unternehmer sollten dieses Schutzinstrument kennen, um ihre Rechte bei Fernlehrgängen effektiv durchsetzen zu können. 

Kontaktieren Sie uns noch heute, wenn Sie Unterstützung bei einem Online Coaching Vertrag brauchen.

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