Unterlassungsanspruch in Bezug auf Vermisstenanzeige eines Minderjährigen
Das Landgericht Frankfurt hat dem Kläger in zwei Verfahren jeweils einen Unterlassungsanspruch gewährt und ist somit der Argumentation der Media Kanzlei gefolgt.
Die beiden Beklagten veröffentlichten jeweils auf ihrem Onlinenachrichtenportal bzw. Twitteraccount eine Vermisstenanzeige des minderjährigen Klägers. Sie nahmen die Vermisstenanzeige auch nicht von ihren Online-Plattformen, nachdem die Polizei nur wenige Tage nach der Vermisstenanzeige bereits das Zurückkehren des Jugendlichen verkündete. Die Beklagten ergänzten die Vermisstenanzeigen jeweils nur um einen kurzen dahingehenden Hinweis.
Das Gericht führte hierzu aus, dass der Kläger durch das weitere Vorhalten der Vermisstenanzeige in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt ist, welches die Meinungsäußerungs- und Kommunikationsfreiheit der Beklagten überwiegt und ihm deshalb die geltend gemachten Unterlassungsansprüche zustehen.
Bei der angegriffenen Äußerung handele es sich zwar um eine ursprünglich wahre Tatsachenbehauptung, allerdings entspräche sie aufgrund veränderter Umstände im Nachhinein nicht mehr den aktuellen Gegebenheiten, wodurch die Persönlichkeitsrechtsverletzung begründet würde.
Auch eine wahre Darstellung könne einen Persönlichkeitsschaden anrichten, insbesondere wenn die Aussagen geeignet sind, eine erhebliche Breitenwirkung zu entfalten und eine besondere Stigmatisierung des Betroffenen nach sich ziehen, sodass sie zum Anknüpfungspunkt für eine soziale Ausgrenzung und Isolierung zu werden drohen (BGH, Urteil vom 31. Mai 2022 – VI ZR 95/21, NJW-RR 2022, 1559 m.w.N.). Dies ist vorliegend der Fall, da der Inhalt der Vermisstenanzeige Anlass zu Spekulationen zu deren Hintergründen gebe, was zu sozialer Isolierung und Ausgrenzung führen kann.
Auch der seitens der Beklagten hinzugefügte Nachtrag, dass der Kläger wieder aufgefunden wurde, vermag nach Ansicht des Gerichts die Interessen des Klägers nicht in ausreichendem Maße zu schützen.