Nötigung durch Bewertung unzulässig – Einstweilige Verfügung erwirkt von Media Kanzlei
Der Media Kanzlei gelang es vor dem Landgericht Hamburg eine Einstweilige Verfügung zu erwirken. Unsere Mandantin wurde durch das Androhen von Negativbewertungen für ihr Geschäft zur Löschung einer ihrerseits verfassten Negativbewertung genötigt. Nachdem sie eine zulässige 3-Sterne Bewertung auf Google veröffentlichte, erhielt sie kurze Zeit darauf mehrere E-Mails des Bewerteten – ihr ehemaliger Rechtsanwalt. In diesen wurde sie aufgefordert, noch am selben Tag ihre Google-Bewertung zu löschen. Dabei wurde die Mandantin als naiv bezeichnet. Zudem wurde ihr angedroht, dass in ihren Geschäften Käufe getätigt würden sowie diese bewertet werden würden. „Sie (würde) ja dann sehen, was Sie für Vorteile (davon habe)“, war eine Aussage des Gegners in der E-Mail. Obwohl unsere Mandantin daraufhin ihre Bewertung löschte, erschienen noch am gleichen Tag mehrere Negativbewertungen für ihr Geschäft auf Google. Dabei wurde nicht nur ihr Geschäft schlecht bewertet, sondern auch ihre Person kritisiert.
Unterlassungsanspruch stattgegeben
In dem Beschluss über die einstweilige Verfügung bestätigte das Landgericht Hamburg die Ansicht der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte der Media Kanzlei: eine Aufforderung eine Handlung vorzunehmen – hier eine an sich rechtmäßige Bewertung zu löschen – unter Androhung der Veröffentlichung einer Negativbewertung stellt eine strafbare Nötigung dar und ist unzulässig. Wir wollten indes nicht nur, dass dem Gegner untersagt wird, unsere Mandantin in Zukunft erneut unter Androhung einer schlechten Bewertung zur Vornahme von Handlungen zu nötigen. Wir zielten mit unserem Antrag auch darauf ab, dass die Bewertungen des Gegners als Nötigungsmittel selbst unzulässig bewertet werden. In einer ersten Entscheidung gab das Landgericht diesem Antrag nicht in vollem Umfang statt, sondern untersagte nur einige unwahre Behauptungen, die in den Bewertungen veröffentlicht wurden. Auf eine daraufhin erfolgte sofortige Beschwerde erweiterte das Landgericht Hamburg seinen Beschluss jedoch und sprach unserer Mandantin einen vollständigen Unterlassungsanspruch gem. §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 S. 2 BGB analog i.V.m. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG bezüglich der Negativbewertungen zu. Zwar handle es sich nach Ansicht des Gerichts bei Onlinebewertungen grundsätzlich um Meinungsäußerungen. Im Rahmen der erforderlichen Abwägung zwischen den Interessen unserer Mandantin und denen des Verfassers der Bewertung ist jedoch auch nach Ansicht des Landgerichts zu berücksichtigen, dass die Bewertungen als Nötigungsmittel dienten.
Androhung von schlechten Bewertungen hat Konsequenzen
Der Beschluss des Landgerichts Hamburg ist nicht nur für unsere Mandantin ein toller Erfolg. Viele Unternehmen haben mit unzulässigen Bewertungen zu kämpfen. Es ist keine Seltenheit, dass Kundinnen und Kunden mit schlechten Bewertungen drohen, um von Unternehmen eine Leistung zu erlangen, die sie anders nicht bekommen hätten. Dass es sich bei der Androhung von Negativbewertungen um Erpressung oder Nötigung handeln kann – Straftaten, die mit bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe belegt sind – und dies auch gilt, wenn die Bewertungen für sich betrachtet nur wahre Behauptungen enthalten, ist nicht neu. Dass diese, eigentlich zulässigen Bewertungen, dann aber rechtswidrig und nicht mehr vom Recht auf Meinungsäußerungsfreiheit gedeckt sind, wenn sie einmal als Nötigungsmittel dienten oder zur Erpressung genutzt wurden, ist eine begrüßenswerte Entwicklung.