Keine Strafbarkeit „Ungeimpft“ Stern in den sozialen Netzwerken

OLG Braunschweig bestätigt

Keine Strafbarkeit durch Posten eines „Ungeimpft“-Sterns in den sozialen Netzwerken

Nach dem Amtsgerichts Pirna (Urt. v. 19.09.2022, Az. 212 Ds 378 Js 111122) hat nun auch das OLG Braunschweig (Urt. v. 07.09.2023, Az. 1 ORs 10/23) in einer anderen Angelegenheit entschieden, dass das Posten von einem "ungeimpft"-Stern in sozialen Netzwerken nicht strafbar sei.

Was war geschehen? - Klage wegen möglicher volksverhetzender Inhalte

Der Angeklagte postete als Nutzer seines Facebook-Kontos das Bild eines Davidsterns, wobei die Bezeichnung „Jude“ durch „Ungeimpft“ mit dem Zusatz „und vogelfrei“ ersetzt wurde. Diesem war hierbei auch bewusst, dass die Juden den Davidstern mit der Aufschrift “Jude” im 3. Reich von 1941 bis zum Kriegsende als Zwangskennzeichen tragen mussten und dadurch bewusst von dem Rest der Gesellschaft ausgegrenzt worden sind.

Meinungsfreiheit oder Verharmlosung des Nationalsozialismus – Grenzen ziehen

Auf die beabsichtigte Wirkung und den Inhalt der Äußerung mit einem derartigen Post in den sozialen Medien, der schließlich von einer unkontrollierbaren Menge an Menschen wahrgenommen wird, kommt es an. Ferner darauf, ob der Angeklagte eine Diskussion über den Impfstatus fördern wollte, oder durch eine den Nationalsozialismus verharmlosenden Äußerung in den sozialen Medien bereits den öffentlichen Frieden gefährdet. 

Auch „geschmacklose“ Äußerungen sind noch von der Meinungsfreiheit gedeckt

Dass man bei der ein oder anderen Äußerung in den sozialen Medien das Gesicht verziehen mag, muss jedoch nicht bedeuten, dass die Grenze von der verfassungsrechtlich geschützten Meinungsfreiheit zur Volksverhetzung überschritten worden sind. Dem Angeklagten kam es nicht darauf an, den Status der Juden sowie das ihnen zugefügte Unrecht in der NS-Zeit zu verharmlosen, sondern wollte dieser vielmehr die Vergleichbarkeit seiner Ausgrenzung als „Ungeimpfter“ mit denen der Juden zur NS-Zeit hervorheben.

Die inhaltliche Auseinandersetzung mit den gesellschaftlichen Folgen der Wirkung des Impfstatus durch den provokanten Facebook-Post war hierbei also das Ziel des Angeklagten. Es erfolgte kein Aufruf zum Widerstand gegen die erfahrene Behandlung „Ungeimpfter“ oder gegen die staatlichen Regelungen, damit war die Schwelle zur Gefährdung des öffentlichen Friedens also nicht überschritten.

Eine wenig geeignete und „geschmacklose“ Verwendung des Judensterns zur Widerspiegelung der eigenen Lage erscheint nicht nachvollziehbar, ist jedoch auch nicht strafbar.

Verwendung des Davidsterns für „Ungeimpft“-Posts weiterhin kontrovers diskutiert

Auch, wenn in diesem Fall keine Volksverhetzung durch den Facebook-Post einschlägig war, ist die Verwendung des Davidsterns als Vergleich für den Impfstatus in der Vergangenheit bereits kontrovers diskutiert worden und bedarf auch in Zukunft einer genauen Prüfung im Verhältnis zur Meinungsfreiheit.

 

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