Schmähkritik: Persönlichkeit und Meinung

Die Meinungsfreiheit zählt zu den wichtigsten Grundrechten in Deutschland und ist für die Demokratie von entscheidender Bedeutung. Artikel 5 Absatz 1 Satz 1 des Grundgesetzes (GG) legt sie fest und gewährleistet den Schutz des Rechts auf Meinungsfreiheit und Verbreitung von Meinungen. 

Wenn sie die Würde oder das Persönlichkeitsrecht anderer verletzt, die sich aus Artikel 1 Absatz 1 und Artikel 2 Absatz 1 des Grundgesetzes ergeben, wird die Meinungsfreiheit gleichzeitig eingeschränkt.. Das Problem der Schmähkritik ist in diesem Spannungsfeld besonders kontrovers diskutiert. Schmähkritik geht über die zulässige Meinungsäußerung hinaus, da sie nicht der sachlichen Auseinandersetzung dient, sondern allein darauf abzielt, eine Person zu herabsetzen oder zu diffamieren.

Inhaltsverzeichnis

Schmähkritik: Begriff und Definition

Der Ausdruck „Schmähkritik“ bezieht sich auf Aussagen, die nicht mehr unter das Recht auf Meinungsfreiheit fallen, da sie nur dazu dienen, die Ehre einer Person zu verletzen. Bei der Schmähkritik handelt es sich beim Bundesgerichtshof (BGH) und dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) um einen speziellen Fall der Meinungsäußerung, in dem der kommunikative Zweck der Aussage ganz hinter der Diffamierung zurückgeht.
Schmähkritik hat keinen sachlichen Bezug, im Gegensatz zu scharfen oder polemischen Meinungsäußerungen, die durchaus von der Meinungsfreiheit gedeckt sein können. Ihre Absicht ist es nicht, einen Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung zu leisten oder eine Debatte zu führen, sondern lediglich, den Gegenüber zu verabscheuen. Infolgedessen verliert die Schmähkritik das Grundrecht auf Meinungsfreiheit.

Die rechtlichen Grundlagen der Schmähkritik

Im Konflikt zwischen Meinungsfreiheit und dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht wird die Schmähkritik rechtlich eingestuft. Oftmals kommt es zu Konflikten zwischen diesen beiden Grundrechten, die von den Gerichten im Einzelfall gelöst werden müssen.

Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG)

Die Meinungsfreiheit sorgt dafür, dass jeder das Recht hat, seine Meinung auszudrücken und zu verbreiten, unabhängig davon, ob sie anerkannt oder abgelehnt wird. Nicht nur Fakten, sondern auch urteilende und emotional belastende Aussagen sind in Meinungsäußerungen zu finden. Sofern sie einen Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung leisten oder auf einer sachlichen Grundlage beruhen, sind auch scharfe Kritik, Übertreibungen und Polemik grundsätzlich akzeptabel.

Grenzen der Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 2 GG)

Artikel 5 Absatz 2 des Grundgesetzes beschränkt die Meinungsfreiheit durch generelle Rechtsvorschriften, den Schutz der Jugend und das Recht auf persönliche Ehre. Die §§ 185 ff. StGB (Beleidigung, üble Nachrede, Verleumdung) gehören ebenfalls zu diesen Strafgesetzen. Da Schmähkritik nicht mehr zum Schutz der Meinungsfreiheit gehört, verletzt sie nur die Persönlichkeitsrechte einer anderen Person und trägt nicht mehr zur Meinungsbildung bei.

Das allgemeine Persönlichkeitsrecht

Das Persönlichkeitsrecht schützt die Würde und den Ruf eines Menschen. Sie ermöglicht es einem Individuum, sich gegen anstößige Angriffe zu verteidigen und schützt seine Integrität als Person. In der Regel steht das Persönlichkeitsrecht vor der Meinungsfreiheit, wenn eine Person ohne sachlichen Bezug diffamiert wird, da es nicht als legitimer Ausdruck einer Meinung angesehen wird.

Abgrenzung zwischen Meinungsäußerung und Schmähkritik

Bei der rechtlichen Beurteilung ist die Einteilung zwischen erlaubter Meinungsäußerung und Schmähkritik ein essenzieller Faktor. Schmähkritik kann nicht mit scharfer Kritik verglichen werden, die von der Meinungsfreiheit durchaus abgedeckt werden kann. In solchen Situationen entscheiden die Gerichte, ob eine Aussage noch als Meinungsäußerung angesehen werden kann oder ob sie die Grenze zur Schmähkritik überschritten hat.
Die Differenzierungskriterien sind wie folgt:

1. Zweck der Aussage: Es stellt sich die Frage, ob es sich bei der Aussage um eine Sachdebatte handelt oder nur um die Beurteilung einer Person. Es geht um eine Schmähkritik, wenn das diffamierende Zeichen dominant ist.

2. Inhalt der Aussage: Wenn eine Aussage dazu beiträgt, die öffentliche Meinung zu formen, kann sie entweder umstritten oder übertrieben ausfallen. Im Gegensatz dazu hat Schmähkritik keinen eigentlichen Zweck und dient lediglich der Beleidigung.

3. Umgebung der Aussage Die Art und Weise, in der die Aussage gemacht wird, ist von großer Bedeutung. In einer kontroversen politischen Diskussion kann eine Äußerung anders bewertet werden als eine einzelne Aussage ohne Kontext.
Ein Rechtsprechungsbeispiel verdeutlicht, wie man diese Kriterien in der Praxis anwenden kann:

„Soldaten sind Mörder“ wurde von dem Bundesverfassungsgericht in einem Fall entschieden. Das Gericht kam zu dem Schluss, dass die Aussage, obwohl sie provokativ und verallgemeinernd ist, als Beitrag zur öffentlichen Diskussion über die Rolle der Soldaten in bewaffneten Konflikten angesehen werden kann. Es galt somit nicht als Schmähkritik.

Strafrechtliche Konsequenzen der Schmähkritik

Schmähkritik ist für eine Vielzahl von Straftaten geeignet. In Bezug auf die Art und den Inhalt der Äußerung werden die nachfolgenden Bestimmungen des Strafgesetzbuches (StGB) berücksichtigt:

• Beleidigung (§ 185 StGB)
Oftmals wird Schmähkritik als eine Straftat der Beleidigung betrachtet, die alle Äußerungen beinhaltet, die die Ehre einer Person beeinträchtigen. Zu den Sanktionen gehören Geldbußen oder bis zu zwei Jahre Gefängnisstrafe.

• Üble Nachrede gemäß § 186 StGB: Der Tatbestand der üblen Nachrede ist erfüllt, wenn in der Schmähkritik ehrverletzende Faktenbehauptungen enthalten sind, die nicht nachweisen lassen.

• Verleumdung(§ 187 StGB)
Schmähkritik kann ein Verleumdungsdelikt sein, das darauf abzielt, den Ruf einer Person durch die Verbreitung von falschen Informationen zu beeinträchtigen.

Zivilrechtliche Ansprüche bei Schmähkritik

Neben strafrechtlichen Konsequenzen können Betroffene auch zivilrechtliche Ansprüche geltend machen, um sich gegen Schmähkritik zu wehren. Die wichtigsten Ansprüche sind:

  • Unterlassungsanspruch (§ 1004 BGB)
    Betroffene können verlangen, dass der Täter die ehrverletzenden Äußerungen unterlässt und gegebenenfalls gerichtlich untersagen lassen.
  • Schmerzensgeld und Schadensersatz (§ 823 BGB)
    Für die immateriellen Schäden, die durch die Schmähkritik verursacht wurden, können Betroffene Schmerzensgeld verlangen. Zusätzlich kann bei nachweisbarem materiellen Schaden Schadensersatz gefordert werden.
  • Löschung und Gegendarstellung
    Wenn Schmähkritik in sozialen Medien oder anderen öffentlichen Plattformen verbreitet wurde, haben Betroffene einen Anspruch auf Löschung der Inhalte und gegebenenfalls auf eine Gegendarstellung.

Schmähkritik Beispiel

Das komplexe Thema der Schmähkritik zeigt, wie sich eine erlaubte Meinungsäußerung von einer unzulässigen Herabwürdigung unterscheidet. Die Meinungsfreiheit schützt keine Aussagen, die ausschließlich dazu dienen, eine Person persönlich anzugreifen oder zu diffamieren. In solchen Fällen ist das Persönlichkeitsrecht von zentraler Bedeutung, um Verletzungen der Würde und Ehre eines Menschen zu verhindern. Schmähkritik kann sowohl im Straf- als auch im Zivilrecht weitreichende Konsequenzen haben.

Wenn ein Redner auf einem öffentlichen Stadtfest die Aktionen eines Bürgermeisters heftig kritisiert, wirft er ihm im Rahmen der Meinungsfreiheit vor, ineffektiv zu sein und die Stadt nicht gut zu führen. Dies sind zwar harte Worte. Doch plötzlich gleitet die Rede ins Persönliche ab: „Dieser Mensch ist eine Schande für unsere Stadt – unfähig und eine Lachnummer!“ An diesem Punkt ist die Grenze erreicht. Was als politische Kritik begann, wird zur Schmähung, die keinen sachlichen Mehrwert mehr hat, sondern allein auf Erniedrigung abzielt.

Es ist nicht immer einfach, diese Grenze zu ziehen, und genau das macht Schmähkritik so problematisch. Während pointierte oder zugespitzte Kritik erlaubt ist, entfällt der Schutz der Meinungsfreiheit, wenn die Äußerung nur noch beleidigend ist. Die Konsequenzen für solche Entgleisungen können schwerwiegend sein: strafrechtliche Sanktionen wie Geldstrafen oder sogar Freiheitsstrafen sowie zivilrechtliche Forderungen, etwa Schmerzensgeld oder Unterlassungsklagen.

In solchen Fällen tritt das Persönlichkeitsrecht – ein ebenso grundlegender Wert – in den Vordergrund. Schmähkritik kann dann nicht nur moralisch fragwürdig sein, sondern auch rechtlich ernsthafte Konsequenzen nach sich ziehen, sowohl straf- als auch zivilrechtlicher Natur.

 

Von Schmähkritik oder Beleidigungen betroffen?

Betroffene sollten stets rechtliche Maßnahmen ergreifen, um solchen Angriffen entgegenzuwirken. Jedoch ist es immer notwendig, den Einzelfall sorgfältig zu betrachten, um zwischen zulässiger Meinungsäußerung und Schmähkritik zu unterscheiden. In diesem Fall hilft Ihnen die Media Kanzlei Frankfurt.

Rechtsanwalt Dr. Severin Riemenschneider, LL.M. Eur. gründete die Media Kanzlei Frankfurt | Hamburg im Jahr 2014. Er ist seit 2016 Fachanwalt für Medien- und Urheberrecht.
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