Feindeslisten – was nach längst vergangener Praxis, die man mit mittelalterlichen Hexenprozessen oder totalitären Regimen verbindet, klingt – ist in der heutigen Zeit allerdings keineswegs Geschichte. Sie tauchen immer wieder auf, sei es in extremistischen Kreisen, in digitalen Netzwerken oder auf anonymen Plattformen. Was wie eine abstrakte, virtuelle Sammlung von Namen beginnt, kann rasch in realer Gewalt enden – wie der Mord an Walter Lübcke, einem Vertreter des demokratischen Staates, schmerzhaft gezeigt hat. In jüngster Zeit hat die deutsche Gesetzgebung jedoch entschieden, diese Praxis zu verbieten, um den Schutz der Persönlichkeitsrechte und die öffentliche Ordnung zu gewährleisten.

Inhaltsverzeichnis

Was sind Feindeslisten und warum sind sie problematisch?

Feindeslisten sind in der Regel Sammlungen von Namen von Menschen oder Institutionen, die aufgrund ihrer politischen oder sozialen Haltung in einem negativen Kontext veröffentlicht werden. Oft werden diese Listen auf sozialen Medien oder anonymen Plattformen verbreitet und sind darauf ausgelegt, Hass zu schüren, die betroffenen Personen zu isolieren oder zu schikanieren. Feindeslisten können somit ebenfalls dazu führen, dass gezielt Drohungen gegen die genannten Personen oder Organisationen ausgesprochen werden.

Die rechtliche Problematik ergibt sich vor allem aus der möglichen Verletzung grundlegender Persönlichkeitsrechte. Das Grundgesetz schützt in Artikel 1 die Würde des Menschen und in Artikel 2 das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit. Eine Veröffentlichung von Namen auf einer Feindesliste kann die betroffenen Personen in ihrer Ehre und ihrem sozialen Leben beeinträchtigen und damit in ihr Persönlichkeitsrecht eingreifen. Insbesondere dann, wenn die Inhalte der Listen unwahr oder diffamierend sind, kann dies schwerwiegende Folgen für die betroffenen Personen haben. Diese werden in der Regel in der Öffentlichkeit an den Pranger gestellt und sind möglicherweise Angriffen oder Belästigungen ausgesetzt.

Beispielfall: Lübcke

Im Kontext des Verbots von Feindeslisten wird oft auf die tragischen Folgen hingewiesen, die solche Listen nach sich ziehen können. Ein besonders erschütterndes Beispiel dafür ist der Mord an Walter Lübcke, dem Kasseler Regierungspräsidenten, der 2019 von einem rechtsextremen Täter erschossen wurde. Lübcke hatte sich wiederholt für eine humane Flüchtlingspolitik ausgesprochen und sich damit zu einem prominenten Ziel für Hass und Hetze gemacht. In den Monaten vor seinem Tod war er immer wieder auf sogenannten „Feindeslisten“ verzeichnet worden, die von extremistischen Gruppen veröffentlicht wurden. Der Mord an ihm zeigt auf tragische Weise, wie solche Feindeslisten zu einer direkten Gefahr für das Leben von Politikern und anderen öffentlich sichtbaren Persönlichkeiten werden können.

Neuer Paragraf bietet gesetzliche Grundlage

Das Verbot von Feindeslisten stellt einen wichtigen Schritt im Schutz von Persönlichkeitsrechten im digitalen Raum dar. Rechtsvorschriften, die solche Listen unter Strafe stellen, zielen darauf ab, die im Grundgesetz verankerten Rechte zu schützen, insbesondere das allgemeine Persönlichkeitsrecht. Der § 126a des Strafgesetzbuches (StGB) stellt eine bedeutende rechtliche Reaktion auf die wachsende Gefahr von Feindeslisten dar. Dieser Paragraf, der seit 2021 in Kraft ist, verbietet ausdrücklich das Erstellen, Verbreiten und Veröffentlichen von Listen, die Personen aufgrund ihrer politischen oder sozialen Aktivitäten, ihrer Herkunft oder anderer Merkmale als “Feinde” markieren und sie gezielt bedrohen oder in Gefahr bringen. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass die Verbreitung tatsächlich das Potenzial hat, die betroffene Person oder Personen in ihrem Umfeld, die auf der Feindesliste stehen, in Gefahr zu bringen. Diese Gefährdung ergibt sich aus der Tatsache, dass die betroffenen Personen durch die Veröffentlichung solcher Daten einem erhöhten Risiko ausgesetzt sind, Opfer einer Straftat zu werden.

Ziel des Gesetzes ist es, der zunehmenden Bedrohung durch rechtsextreme und andere extremistische Gruppen entgegenzuwirken, die solche Listen als Mittel der Einschüchterung und Gewaltanwendung nutzen. Wer sich an der Erstellung oder Verbreitung solcher Listen beteiligt, kann mit Freiheitsstrafen von bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafen bestraft werden. Der § 126a StGB stellt klar, dass Feindeslisten nicht nur eine politische oder soziale Unordnung fördern, sondern konkrete Gefährdungen für das Leben und die Sicherheit von Menschen darstellen.

Auswirkungen des Verbots auf die Meinungsfreiheit

Das Verbot von Feindeslisten stellt eine klare Abgrenzung zwischen legitimer Meinungsäußerung und rechtswidrigem Verhalten dar. Während das Recht auf freie Meinungsäußerung grundgesetzlich geschützt ist, findet dieser Schutz dort seine Grenze, wo die Rechte anderer verletzt werden – insbesondere die Rechte auf Ehre, Privatsphäre und Sicherheit. Feindeslisten überschreiten diese Grenze und stellen eine unzulässige Form der öffentlichen Diffamierung dar. Es ist wichtig zu betonen, dass das Gesetz nicht die freie Meinungsäußerung an sich einschränkt, sondern ausschließlich der Verbreitung von Daten, die eine konkrete Gefahr für Personen darstellen. Kritische Äußerungen, politische Debatten oder auch das Streiten über gesellschaftliche Themen sind weiterhin durch die Meinungsfreiheit geschützt.

Media Kanzlei hilft beim Schutz von Persönlichkeitsrechten

Mit der Einführung des § 126a StGB setzt der Gesetzgeber ein wichtiges Zeichen im Kampf gegen Extremismus. Dieses Gesetz bietet rechtliche Mittel, um die Verantwortlichen für das Erstellen und Verbreiten solcher Listen zur Rechenschaft zu ziehen. Sie sind mit einer solchen Thematik in Berührung gekommen und brauchen nun fachmännische Beratung? Die Media Kanzlei ist für Sie da! Kontaktieren Sie uns noch heute.

Rechtsanwalt Dr. Severin Riemenschneider, LL.M. Eur. gründete die Media Kanzlei Frankfurt | Hamburg im Jahr 2014. Er ist seit 2016 Fachanwalt für Medien- und Urheberrecht.
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