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Auf Videoportalen wie YouTube und Twitch erfreuen sich sog. Reaction-Videos besonderer Beliebtheit. Dabei handelt es sich um Videos, in denen die Videoproduzenten, Influencer oder Livestreamer auf bereits vorhandene Videoinhalte reagieren. Hierbei werden Sequenzen der bereits vorhandenen Videoinhalte in das Reaction-Video eingebettet. Im deutschsprachigen Raum sind besonders die YouTuber und Livestreamer Simon Unge und Montana Black dafür bekannt. Die Nutzung fremder Videoinhalte im Rahmen der Reaction-Videos birgt jedoch die Gefahr rechtlicher Verletzungen, die neben der Entfernung des Reaction-Videos selbst und der Sperrung des eigenen Plattform-Kontos, auch Ersatz- oder Unterlassungsansprüche infolge einer anwaltliche Abmahnung nach sich ziehen können.
Die rechtlichen Gefahren von Reaction Videos können in verschiedenen Rechtsgebieten liegen.
Die Einbettung von Sequenzen bereits vorhandener Videoinhalte kann einen Eingriff in die Urheberrechte des Videoherstellers darstellen. Derartige Eingriffe begründen Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche nach § 97 UrhG.
YouTube-Videos können mit ihrer Erschaffung als Filmwerke nach § 2 Abs. 1 Nr. 6 UrhG geschützt sein, soweit sie eine persönliche geistige Schöpfung darstellen. Daraus leitet sich für den Videohersteller u.a. das alleinige Recht ab, dessen YouTube-Video zu vervielfältigen und öffentlich zugänglich zu machen (vgl. § 94 Abs. 1 S. 1 UrhG). Dies gilt auch für die Veröffentlichung und Verwertung des eigenen Filmwerkes durch Dritte, wenn es bearbeitet oder umgestaltet wurde (vgl. §23 UrhG).
Mithin bedarf es zur Einbettung von (Sequenzen) fremder YouTube-Videos der vorherigen Einwilligung des Videoherstellers. Dabei ist die Länge der eingebetteten Sequenz unerheblich, bereits minimale Sequenzen fremder Werke sind vom Urheberrecht umfasst.
Eine Ausnahme hiervon stellt das Zitatrecht nach § 51 UrhG dar. Dieses gestattet die Vervielfältigung, Verbreitung und öffentliche Wiedergabe eines veröffentlichten Werkes zum Zweck des Zitats, sofern die Nutzung in Ihrem Umfang durch den besonderen Zweck gerechtfertigt ist. Dies gilt insbesondere dann, wenn Stellen eines Werkes nach der Veröffentlichung in einem selbstständigen Sprachwerk angeführt werden (vgl. § 51 S. 2 Nr. 2 UrhG).
Davon umfasst sind mithin auch Einbettungen von YouTube-Videos als sog. „Kleinzitat“, soweit
(1) das eingebettete Video bereits mit Zustimmung des Berechtigten öffentlich zugänglich gemacht wurde (vgl. § 6 UrhG),
(2) ein Zitatzweck vorliegt. Ein solcher liegt vor, wenn die eingebettete Sequenz notwendig ist, um den eigenen Inhalt zu erläutern, sich inhaltlich (kritisch) mit den fremden Videoinhalten auseinanderzusetzen oder als Beleg für die eigene Sichtweise angeführt wird (vgl. OLG Köln, Urteil vom 13.12.2013, 6 U 114/13). Davon nicht umfasst ist die Einbettung zur Ausschmückung des eigenen Inhalts oder zur Ersparung eigener Ausführungen.
(3) Zudem muss die Einbettung in einem sachgerechten und vernünftigen Umfang erfolgen. Das Zitat soll lediglich zur Unterstützung der eigenen Ausführungen dienen und nicht Hauptinhalt des eigenen Videos sein.
Mithin wird eine konkrete Eigenleistung und inhaltliche Auseinandersetzung gefordert, um ein selbstständiges Werk zu erschaffen. Eine bloße Wiederholung des Inhalts und pauschale Kommentierungen werden folglich nicht von der Zitierfreiheit umfasst (vgl. BGH, Urteil vom 20.12.2007, Az. I ZR 42/05). Gerade darauf beschränken sich jedoch eine Vielzahl von Reaction-Videos.
Urheber haben das Recht, Unterlassungsansprüche gegenüber Dritten bzgl. der Nutzung eines Werkes durchzusetzen, wenn diese den Anspruch eines Urhebers auf Anerkennung der eigenen Urheberschaft (vgl. § 13 UrhG) missachten. So kann der Inhaber des eingebettetem YouTube-Videos bestimmen, dass seine Urheberschaft durch Bezeichnung deutlich hervortritt. Problematisch ist die häufig, da Filmwerke in der Regel in Miturheberschaft erschaffen werden und häufig nur die im Video präsenten ausübenden Künstler wahrgenommen werden.
Ein weiteres Problemfeld liegt in der Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts Dritter. Folge sind mögliche Unterlassungs-, Beseitigungs- und Schadensersatzansprüche nach §§ 1004 Abs. 1 analog, 823 Abs. 1, Abs. 2, §§185ff. StGB, Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG.
Mit der Einbettung von Sequenzen fremder YouTube-Videos wird von den abgebildeten Personen auch das Recht am Bild berührt. Grundsätzlich obliegt es jeder einzelnen Person zu entscheiden, ob und in welchem Zusammenhang die eigenen Bilder veröffentlicht werden sollen. Mithin muss vor der Veröffentlichung die Erlaubnis der abgebildeten Person eingeholt werden (vgl. § 22 KUG). Eine Ausnahme liegt u.a. bei Menschenmengen vor, bei dessen Abbildung nicht die einzelnen Personen im Vordergrund stehen, sondern als Beiwerk erscheinen (vgl. § 23 Abs. 1 Nr. 2 KUG). Entscheidend ist in den meisten Fällen, ob ein zeitgeschichtliches Ereignis vorliegt, ob also die Meinungsfreiheit das Recht am eigenen Bild im konkreten Fall überwiegt. In diesem Fall ist eine Erlaubnis des Abgebildeten nicht erforderlich.
Im Rahmen der Reaction-Videos können kritische Äußerungen, insbesondere negative und abfällige Kommentierungen, das allgemeine Persönlichkeitsrecht verletzen.
Die Meinungsfreiheit findet u.a. ihre Grenze dort, wo unwahre Tatsachenbehauptungen aufgestellt werden oder wenn eine Schmähkritik geäußert wird. Bei der Schmähkritik steht die Diffamierung und Herabsetzung der Person im Vordergrund und nicht mehr die inhaltliche Auseinandersetzung mit der Sache selbst.
Selbst wahre Tatsachenäußerungen können in Ausnahmefällen unzulässig sein. Insoweit ist im Einzelfall unter Abwägung der Meinungsfreiheit mit den Rechten der betroffenen Person zu entscheiden. Bei Äußerungen aus dem privaten Lebensbereich überwiegt grundsätzlich das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Betroffenen gegenüber der Meinungsfreiheit des Kommentierenden und das Informationsinteresse der Allgemeinheit an der wahren Tatsache. Davon umfasst sind heimlich aufgezeichnete Gespräche.
Insoweit sind auch wahre Tatsachenäußerungen im Rahmen von Reaction-Videos zu unterlassen, wenn sie aus der Privatsphäre und Intimsphäre der betroffenen Person entspringen.
Aussagen, die die berufliche Tätigkeit bspw. erfassen, sind grundsätzlich zulässig. Dies gilt auch dann, wenn die Äußerungen negative Folgen für den Betroffenen haben. Dabei ist zu beachten, dass bei Personen, die in der Öffentlichkeit stehen, ein gesteigertes Informationsinteresse vorliegt. Diese sind folglich weniger schutzwürdig.
Aufgrund der im Einzelfall vorzunehmenden Interessenabwägung ist auch bei wahren Tatsachenbehauptungen besondere Achtsamkeit geboten. Dies gilt insbesondere für Tatsachen, die von dem Betroffenen von der Öffentlichkeit geheim gehalten wurden und an denen kein überaus gesteigertes öffentliches Informationsinteresse besteht.
(Mehr über das Persönlichkeitsrecht können Sie HIER erfahren.)
Im Rahmen von Reaction-Videos wird durch Gesten, Geräusche, das gesprochene und geschriebene Wort und eingeblendete Bilder auf das eingebettete YouTube-Video eines Dritten reagiert.
Dies kann zu wettbewerbsrechtlichen Verstößen – wie der Herabsetzung oder Verunglimpfung nach § 4 Nr. 1 UWG – führen. Die daraus resultierenden Unterlassungs-, Beseitigungs- und Schadensersatzansprüche folgen aus § 8 , § 9 UWG.
Äußerungen, welche eine sachlich nicht gerechtfertigte Verringerung der Wertschätzung des Mitbewerbers zur Folge haben, stellen eine Herabsetzung i.S.d. § 4 Nr. 1 UWG dar. Die Verunglimpfung ist eine gesteigerte Form der Herabsetzung.
Grundsätzlich ist eine im Video berechtigt geäußerte Kritik zulässig. Eine geäußerte „Kritik am Mitbewerber, die ironisch humoristisch oder satirisch eingekleidet ist, [stellt] noch keine Herabsetzung oder Verunglimpfung dar, solange sie nur Unterhaltungswert besitzt, den Mitbewerber aber nicht der Lächerlichkeit oder dem Spott preisgibt“ (vgl. OLG Hamburg, Urteil vom 28.10.2009, 5 U 204/07, Tz. 50).
Auch hierbei wird zur Einstufung einer geäußerten Kritik als unlauter auf die sog. Schmähkritik und pauschale Abwertung abgestellt. Im Übrigen bedarf es einer umfassenden einzelfallbezogenen Interessenabwägung.
Unwahre Tatsachenbehauptungen führen nicht nur zu einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrecht, sondern auch zu einem wettbewerbsrechtlichen Verstoß nach § 4 Nr. 1, 2 und 4 UWG (vgl. OLG Hamburg, Urteil vom 28.10.2009, 5 U 204/07, Tz. 50) Dabei ist zu
Probleme können sich auch durch das Unterlassen der Kennzeichnung von Werbung ergeben, die zur Annahme einer Irreführung nach § 5a UWG führt.
Zur Vermeidung muss die Werbung kenntlich gemacht werden, sodass die Werbung vom restlichen Videoinhalt vom Verbraucher getrennt werden kann.
Bei Reaction-Videos besteht zudem die Gefahr von markenrechtlichen Verstößen, welche Unterlassungs- und Ersatzansprüche gemäß § 14 Abs. 5, 6, §15 Abs. 4, 5 MarkenG nach sich ziehen können. Denkbar ist ein derartiger Verstoß durch die geschäftliche Nutzung eines fremden oder ähnlichen YouTuber-Namens, welcher als Unternehmenskennzeichen und/oder als eingetragene Marke markenrechtlich geschützt ist. Dabei ist es bereits ausreichend, wenn der markenrechtlich geschützte Name als Metatag unter dem Reaction-Video genutzt wird und damit bereits eine Verwechslungsgefahr begründet wird.
Für die Annahme einer Verwechslungsgefahr reicht es bereits aus, dass die potentielle Gefahr besteht, dass das genutzte Zeichen, hier der YouTuber-Name, mit der Marke in Verbindung gebracht werden könnte, sodass der Eindruck entsteht, die Verwendung des Namens sei vom Markeninhaber zumindest genehmigt.
Handelt es sich bei dem Unternehmenskennzeichen um eine im Inland bekannte geschäftliche Bezeichnung, bedarf es des Vorliegens einer Verwechslungsgefahr nicht. Ausreichend ist hierbei, dass man die Wertschätzung der geschäftlichen Bezeichnung ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzt oder beeinträchtigt (vgl. § 15 Abs. 3 MarkenG).
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